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Aufriss der folgenden Abhandlung

Zu Beginn dieser Arbeit wird es beinahe ausschließlich um die Auslegung der Texte von Descartes gehen. Ich werde zunächst, beginnend mit eher philosophiehistorischen Bemerkungen, einige Grundbegriffe der cartesischen Philosophie gemäß der Reihenfolge ihres Auftretens erläutern. Dies ist insbesondere deshalb nötig, da es mir darum geht, Möglichkeiten der Anerkennung und Weiterverfolgung cartesischer Grundsätze aufzuzeigen, die üblicherweise nicht herausgestellt werden. Die eigentliche Arbeit, nach einer zeitgemäßen Psychologie zu fragen, die mit diesen Grundsätzen vereinbar wäre, kann erst nach einer gründlichen, wenn auch nicht rein nacherzählenden Präsentation der cartesischen Texte begonnen werden. Wie bereits bemerkt, werde ich die Frage nach einer zeitgemäßen cartesischen Psychologie auch nicht so weit treiben können, dass dabei ein detaillierter und aktueller Beitrag zur wissenschaftlichen Psychologie herauskäme. Ertrag dieser Arbeit wird allerdings der Aufweis der Möglichkeit und die Charakterisierung der Form einer cartesischen Psychologie sein. Ich bemühe mich genauer vor allem um folgende Punkte:
  1. Ich werde erstens zeigen, dass der Geist, von dem die cartesischen Meditationen handeln, nicht mit dem Psychischen der modernen Psychologie gleichgesetzt werden kann. Die entsprechende Untersuchung darüber, was Descartes Geist (mens) nennt, findet sich in Kapitel 2. Dadurch wird mehreres klar. Erstens hat Descartes den Menschen nicht auf das reduzieren wollen, was er mens nennt und dann muss auch eine cartesische Psychologie nicht von einem reinen, körperlosen Geist handeln. Zweitens ist dann auch der menschliche Leib nicht einfach als physikalischer Körper zu begreifen, sondern als das Körperliche am lebenden Menschen. Dies diskutiere ich in Kapitel 4. Damit stehen der Medizin andere Wege offen und die Möglichkeit einer reinen Psychopathologie wird fraglich.
  2. Desweiteren gilt es zu zeigen, dass und warum Descartes keine Psychologie als exakte Wissenschaft anerkennt. Der Mensch als solcher ist für ihn, wie ich in Kapitel 4 zeigen werde, kein Gegenstand klaren und deutlichen Wissens, und also keine Substanz.
  3. Drittens werde ich fragen, warum und inwiefern Descartes den reinen Geist als Substanz bezeichnen kann. Die Definition und den Gebrauch des Substanzbegriffs werde ich in Kapitel 3 erörtern und im Kapitel 5 werde ich weiter erläutern, auf welcher Ebene Descartes den menschlichen Geist behandelt, wenn er Metaphysik treibt. In Kapitel 3 wird sich herausstellen, dass viele Missverständnisse daraus resultieren, dass Descartes' Leser glauben, theologische Implikationen über Gott und die Unsterblichkeit der Seele einfach streichen zu können, ohne deren Funktion zu beachten.gif Ich werde dementsprechend versuchen, ihre Funktion zu zeigen, um eine moderne Lesart der Metaphysik von Descartes zu ermöglichen. Ohne Frage müssen viele Formulierungen, die zu Descartes Zeiten noch etwas auszusagen vermochten, mit anderen Worten neu gefunden werden. Mit diesem Manöver versuche ich auch den Vorwürfen zu begegnen, Descartes habe die soziale Dimension des menschlichen Erlebens und Handelns vernachlässigt,gif und er sei einfach dem Modell der materiellen Welt gefolgt, indem er den Geist zur Substanz erklärt hat. Ich werde zeigen, dass Descartes die soziale Dimension nicht eliminiert, sondern bestenfalls theologisch verdeckt hat, indem er Gott an ihre Stelle gesetzt hat. Sie verschwindet erst dann vollständig, wenn die Rede von Gott nicht mehr verstanden wird. Zweitens hat Descartes gute Gründe, den Geist als Substanz zu bezeichnen und dies liegt, kurz angedeutet, in der Fähigkeit des denkenden Menschen, Möglichkeiten zu erkennen, sich zu Normen zu verhalten und Regeln zu folgen.
  4. Schließlich fragt sich in Kapitel 6, was eine cartesische Psychologie sein kann, die weder mit seiner Physik noch mit seiner Metaphysik zusammenfällt. Im Rahmen der cartesischen Philosophie kann eine solche Psychologie, wie sich herausstellen wird, kein deutliches, aber sehr wohl ein klares und sicheres Wissen vom Menschen darstellen.

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