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Recht gegen Nutzen

Die terminologische Trennung zwischen dem reinen Denken, den Ideen und der res cogitans einerseits und der Einbildungskraft, ihren Bildern und der res extensa andererseits kann auf zwei Weisen verstanden werden: als Motiv für den Versuch, die Unsterblichkeit der Seele zu beweisen, oder als Mittel dazu. Im Widmungsschreiben an die Sorbonne schreibt Descartes, das Ziel seines Nachweises einer unsterblichen Seele liege vor allem darin, die Menschen vom Vorrang des Rechten (rectum) vor dem Nützlichen (utile) zu überzeugen.gif Wie der Begriff anima gehört auch der Begriff rectum nicht zu dem Vokabular, das Descartes sonst in den Meditationen verwendet. Auf die Nützlichkeit kommt er aber an entscheidenden Stellen wieder zu sprechen. Er schreibt in der sechsten Meditation, es seien gerade die Empfindungen des Gemeinsinnes,gif namentlich Durst, und die Leidenschaften bzw. Sinnlichkeit (passivæ facultates), die nützlich sind.gifDescartes Einsicht, dass nicht alles menschliche Erleben und Handeln nach dem Modell der körperlichen Einbildungskraft beschrieben werden kann, stellt also eine Einsicht in die Begrenztheit des Nützlichen bzw. Körperlichen dar. Descartes bedient sich der literarischen Gattung des Unsterblichkeitsbeweises, um dieser Einsicht Ausdruck zu geben und sie fruchtbar zu machen. Aber die Motivation und der Gehalt könnte heute auch anhand einer Kritik an Materialismus, Psychologismus oder bestimmten Formen des Utilitarismus verwirklicht werden und Ausdruck finden. Allgemeiner geht es darum, dass durch eine Orientierung am Körperlichen oder hier durch Descartes gleichgesetzt: am Nützlichen gewisse Dinge unerreicht bleiben. Diese sind, da sie durch diese Orientierung am Körperlichen unerreicht bleiben, unkörperlich zu nennen. Descartes rückt dieses Unkörperliche, zunächst rein verbal, als Gegensatz zum bloß Nützlichen in die Nähe des Rechten.
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